Teilhabe bis zum Schluss
Das Projekt „Zeitintensive Betreuung im Pflegeheim – ZIB“, das von einer Studie zu Bedarf, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Modells begleitet wurde, konnte die positiven Effekte der zeitintensiven Betreuung in stationären Pflegeeinrichtungen nachweisen. Grundlage war die zusätzliche Anstellung von Pflegefachkräften aus Pflegeheimen beim lokalen Hospizverein oder SAPV-Team. In einem Pilotprojekt wird das erfolgreiche Modell nun in Wohnformen der Eingliederungshilfe erprobt.
Das neue Projekt „Zeitintensive Betreuung in Wohnformen der Eingliederungshilfe (ZiB-E)” wird vom Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention und der Paula-Kubitscheck-Vogel-Stiftung gefördert. Lokale Projektträger sind Hospizvereine oder SAPV-Teams, die mit den Einrichtungen der Eingliederungshilfe kooperieren. Unsere Stiftung übernimmt die Steuerung des Projekts in Bayern.
Hintergrund
Für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung ist die hospizliche und palliative Betreuung am Wohnort keine Selbstverständlichkeit. Am Lebensende entsteht oft ein erhöhter Betreuungsbedarf. Es braucht mehr Zeit für die Grundpflege und Nahrungsaufnahme, für Gespräche mit Betroffenen und ihren An- und Zugehörigen, für Sitzwachen und um persönliche Wünsche zu erfassen und zu erfüllen. Zeit braucht es auch, um in Zusammenarbeit mit rechtlichen Betreuern und Beraterinnen zur Gesundheitlichen Versorgungsplanung mutmaßliche Handlungswünsche der Menschen mit eingeschränktem oder fehlendem Zukunftsverstehen zu erfassen und zu klären. Auf die besonderen Bedarfe von Bewohnern am Lebensende und die Sterbebegleitung sind Mitarbeitende in der Eingliederungshilfe oft nicht vorbereitet. Fehlendes hospizlich-palliatives Wissen bzw. der Mangel an Zeit, um dieses in der Einrichtung umzusetzen, führen oft dazu, dass Bewohner in der letzten Lebensphase aus dem vertrauten Umfeld verlegt werden. Oft bedeutet das einen Bruch in der Biografie und den Wechsel in ein ungünstigeres Betreuungsverhältnis mit nicht speziell ausgebildeten Fachkräften
Wie genau funktioniert das Projekt Zeitintensive Betreuung am Lebensende?
In verschiedenen Regionen Bayerns kooperieren Hospizvereine und SAPV-Teams als lokale Projektträger mit Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Aus den Einrichtungen werden jeweils zwei Pflege- oder Heilerziehungskräfte mit Weiterbildung in Palliative Care zusätzlich zu ihrer (Teilzeit-)Beschäftigung in der Einrichtung auf geringfügiger Basis beim Hospizverein angestellt. Innerhalb der zusätzlichen Arbeitszeit (20 Stunden pro Pflegekraft und Monat) werden die sogenannten „ZIB-Kräfte“ in ihren Einrichtungen ausschließlich für die zeitintensive Betreuung am Lebensende eingesetzt.
Die teilnehmende Einrichtung beteiligt sich mit weiteren 10 Stunden pro Monat Freistellung einer Pflege-oder Heilerziehungskraft. So entstehen in jeder Einrichtung 50 Stunden mehr Zeit für die Betreuung am Lebensende. Die »ZiB-Kräfte« werden während des Projektjahres von der Koordinationskraft des Hospizvereins oder SAPV-Teams fachlich begleitet.
Die ZiB-Kräfte haben mehr Zeit für
- die bedürfnisorientierte Grundpflege am Lebensende
- die Unterstützung bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme
- die Beratung und Unterstützung der Mitarbeitenden in den Wohngruppen
- Beratungsgespräche mit Bewohnern, An- und Zugehörigen sowie rechtlichen Betreuern
- die Koordination von anderen an der Versorgung Beteiligten (Hospizdienst, Ärzte, SAPV etc.)
- das Angebot von Sitzwachen
- die Erfüllung besonderer Wünsche
- Gespräche zur Versorgungsplanung
- Gespräche über Sterben, Tod und Trauer mit den Bewohner:innen
Die Tätigkeiten der ZiB-Kräfte im Pilotprojekt werden dokumentiert und im Rahmen einer von uns geförderten Masterarbeit evaluiert.